Wieviel und welche Energie verbrauchen wir?
Aus dem Klimaschutzkonzept des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald ergibt sich pro Person für das Jahr 2018 ein jährlicher Endenergieverbrauch von 27 MWh. Davon werden 11,6 MWh an Heizwärme benötigt, weitere 3,1 sind als Prozesswärme einzuordnen. Für den Verkehrssektor werden jährlich 8,3 MWh als Kraftstoff verbraucht. Der Stromverbrauch trägt zu der Endenergiebilanz lediglich 3,8 MWh bei, wobei für die Stromerzeugung (bei einer mittleren elektrischen Effizienz von knapp 56%) tatsächlich mehr als 7 MWh an Primärenergie anzusetzen sind. Als Primärenergiebedarf sind somit pro Person tatsächlich etwa 30 MWh anzusetzen. Dies entspricht dem Energieinhalt von 3000 Liter Heizöl! Die angegebenen Daten stimmen etwa mit den Durchschnittswerten für Baden-Württemberg überein. Sie liegen etwas unter den Werten für ganz Deutschland. Da im Hexental relativ wenig Industrie und Gewerbe angesiedelt ist, ergeben sich für die einzelnen Hexentalgemeinden kleinere Verbrauchswerte.
Wie wollen wir unseren Energieverbrauch durch Erneuerbare Energien decken?
Wollten wir diesen Energiebedarf regional decken, so müssten wir entweder für je 1000 Personen drei große Windkraftanlagen aufstellen oder 15 Hektar an Fläche dicht an dicht mit Solarmodulen belegen. Wenn wir diese Energie importieren, so kann diese Energie vielleicht von 1,5 Windrädern oder 7 Hektar Solarmodulen erzeugt werden. Diese enormen Ressourcen müssten dann für uns in der Nordsee oder der Sahara zur Verfügung gestellt werden, wenn wir zukünftig in einer klimaneutralen Welt leben wollen. Tatsächlich handelt es sich dabei sogar nur um eine untere Grenze, denn für eine vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energien werden Speicher gebraucht und Speicher haben zum Teil erhebliche Verluste.
Welchen Flächenbedarf haben wir?
Es ist interessant, diese Zahlen ins Verhältnis mit unserem Nahrungsmittelbedarf zu setzen. Deutschland hat bei einer landwirtschaftlichen Nutzung von 47,7% seiner Fläche einen Selbstversorgungsgrad von 87%. Für eine Versorgung von 1000 Personen wird daher ungefähr eine Fläche von über 220 Hektar benötigt. Eine Selbstversorgung wäre bei veganer Ernährung schon mit weniger als einem Zehntel dieser Fläche möglich! Mehr als 20 Hektar pro 1000 Personen sind inzwischen in der Landschaft durch Straßen überbaut und versiegelt.
Energie einsparen aber wie?
Diese Zahlen relativieren den Flächenbedarf für eine Umstellung zu einer 100% Versorgung mit Wind- und Sonnenstrom. Sie belegen aber auch: Ganz offensichtlich führt kein Weg daran vorbei, dass wir massiv an Primärenergie einsparen müssen. Aber wie sollen wir das bewerkstelligen? Um die Hälfte an Heizwärme einzusparen, dürfen wir unsere Wohnung im Winter nur noch auf 14°C temperieren oder nur einen einzigen Raum beheizen. Wir müssen das Auto stehen lassen und mehr als die Hälfte aller Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad unternehmen, und auf Flugreisen ganz verzichten. Backofen und Herd dürfen nur halb so oft oder halb so lang benutzt werden. Desgleichen gilt für Wäschetrockner, Haartrockner, Spülmaschine und Waschmaschine. Kurzum dieser Weg bedeutet Abschied nehmen von liebgewonnen Gewohnheiten und einschneidender Verzicht.
Wie müssen wir unsere Energieverwendung umstellen?
Glücklicherweise hilft uns die Umstellung von der konventionellen Energieversorgung auf eine vollständige Versorgung mit erneuerbaren Energien fast zwangsläufig bei der Einsparung der Primärenergie, denn Sonnen- und Windenergie stehen vor Ort praktisch verlustfrei in hochwertiger Form als Strom zur Verfügung. Als Primärenergie erzeugter Strom steht praktisch in vollem Umfang als Endenergie zur Verfügung, so dass im Stromsektor fast die Hälfte eingespart wird (3,8 MWh statt 7 MWh). Unsere Autos sind im Grunde fahrende Heizungen. Durch Elektrifizierung des Verkehrssektors kann der Endenergiebedarf bei gleicher Nutzung um etwa einen Faktor 3 reduziert werden (von 8,3 MWh auf 2,8 MWh). Auch unser Heizbedarf lässt sich bei unveränderten Wohlfühltemperaturen um einen Faktor 3 senken. Dabei spielt die Aktivierung einer weiteren erneuerbaren Energiequelle eine wichtige Rolle. Durch Wärmepumpen kann nämlich in großem Umfang Umweltenergie geschöpft werden. Der Endenergiebedarf von 11,6 MWh an Heizwärme kann dadurch mit etwa einem Drittel des Primärenergieeinsatzes (d.h. von 3,9 MWh) gedeckt werden. Unser Primärenergie wird daher in einer Energiewelt, die vollständig durch Sonnen- und Windstrom versorgt wird, in Verbindung mit einer konsequenten Elektrifizierung automatisch von 30 MWh auf knapp 13,5 MWh und damit um mehr als die Hälfte reduziert. Gleichzeitig steigt der Strombedarf auf mehr als das Dreifache an.
Kann sich das Hexental mit erneuerbarer Energie selbst versorgen?
Ja, aber dazu müssen alle potentiellen Windkraftstandorte realisiert werden und es sind zusätzlich noch Anlagen für Freiflächen-Photovoltaik erforderlich. Auch muss der genaue Bedarf erst noch ermittelt werden.
Welchen Beitrag können Aufdach-PV-Anlagen im Hexental leisten?
Laut Energieatlas BW hat die Gesamtheit aller Dächer im Hexental ein Potential von 66,7 GWh. Eine Überschlagsrechnung liefert für 13100 Einwohner einen gegenwärtigen Strombedarf von 50 GWh und einen Wärmebedarf von 152 GWh. Das geschätzte Aufdachpotential kann daher bei Nutzung aller geeigneten Dächer den heutigen jährlichen Strombedarf decken, der aber noch erheblich ansteigen wird. Wärmebedarf und Aufdachpotential beziehen sich auf dieselben Gebäude, so dass zwischen diesen beiden Größen ein Zusammenhang besteht. Das Aufdachpotential beträgt etwa 44% des Wärmebedarfs. Von diesem Potential sind allerdings bisher nur etwa 5% genutzt.
Wie groß ist das Windkraftpotential im Hexental?
Gemäß dem Windatlas BW sind in den sechs Gemeinden in der Summe 331 Hektar als potentielle Windkraftstandorte (mit Restriktionen) geeignet. Das Windkraftpotential wird mit 88 GWh angegeben, welche durch den Bau von insgesamt 8 Windräder zu realisieren wären.
Werden zusätzlich Freiflächen-PV Anlagen gebraucht?
Nach der Transformation hat die Raumschaft der sechs Hexentalgemeinden einen Strombedarf von 177 GWh. Werden davon 67 GWh durch Aufdachanlagen und 88 GWh durch Windkraft abgedeckt, so verbleibt ein Rest von 22 GWh (12%). Zur Deckung mit Sonnenstrom müssten Flächen von 16 bis 22 Hektar für Freiflächen-Photovoltaik oder Agri-Photovoltaik zur Verfügung gestellt werden, was einem bis 0,5 Prozent der Gemarkungsfläche entspricht.
Zusammenfassung: Was alles zu tun wäre
Die gute Nachricht: Eine bilanziell autonome Versorgung durch Erneuerbare Energien scheint für eine Gemeinschaft der sechs Hexental-Gemeinden möglich. Die weniger gute Nachricht: eine Umsetzung erfordert gewaltige Anstrengungen auf privater wie auf kommunaler Ebene. Neben einem ambitionierten PV-Ausbau auf allen Dächern, sind möglichst acht Windkraftanlagen zu realisieren und bis 0,5% der Gemarkungsflächen für Freiflächenphotovoltaik auszuweisen. Daneben sind alle Gebäude energetisch zu sanieren und, wo immer möglich, mit Wärmepumpen zu beheizen. Der Verkehrssektor muss weitgehend elektrifiziert werden, der öffentliche Nahverkehr stark ausgebaut werden und das Verbrennerauto möglichst umfänglich von unseren Straßen verschwinden. Zur Stromversorgung während Flauten und Regentagen sind Blockheizkraftwerke mit möglichst hoher elektrischer Effizienz aufzubauen und perspektivisch mit Elektrolyseuren zur Erzeugung von Wasserstoff zu kombinieren. Die Abwärme von diesen Anlagen ist in Wärmenetzen möglichst vollständig zu nutzen.
MSE im Dezember 2022
Mehr Zahlen finden sich in der Präsentation vom 27.7. 2022